Pflegeversicherung –
Anspruch und Leistungen

Was ist eine Pflegeversicherung?

Die Pflegeversicherung gehört zur Gruppe der Sozialversicherung und erbringt sowohl Geld- als auch Sachleistungen beim Versicherungsfall der Pflegebedürftigkeit. Damit wird die Pflege komplett oder teilweise sichergestellt. Die Leistungen betreffen die stationäre und die häusliche Pflege gleichermaßen. Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung sind automatisch in die soziale Pflegeversicherung miteinbezogen. Dagegen müssen Versicherte der privaten Krankenversicherung eine private Pflegeversicherung abschließen.

Warum war die Einführung der Pflegeversicherung erforderlich?

Am 1. Januar 1995 wurde die Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung neben der Kranken-, der Arbeitslosen-, der Renten- und der Unfallversicherung eingeführt und als konventionell umlagefinanzierte Pflichtversicherung gestaltet. So ist jeder, der gesetzlich krankenversichert ist, automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert und jeder privat Krankenversicherte verpflichtet, eine private Pflege-Pflichtversicherung abzuschließen.

Aufgrund der demografischen Entwicklung seit Mitte des 20. Jahrhunderts steigen die Anzahl der Pflegebedürftigen und die Dauer der Pflegebedürftigkeit stark an. Da diese Pflegebedürftigkeit eine erhebliche körperliche, psychische und finanzielle Belastung darstellt, wurde die Pflegeversicherung als Entlastung der Betroffenen und deren Angehörigen eingeführt.

Wie kann man die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen

Pflegeleistungen werden nur bei einer dauerhaften Pflegebedürftigkeit durch eine vorherige Antragstellung gewährt. Der Antrag auf Pflegegeld ist gleichzeitig ein Antrag auf eine Pflegestufe. Ehe dieser bewilligt oder abgelehnt wird, prüft der medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) bei einem Hausbesuch, bei welchen täglichen Tätigkeiten Hilfestellungen benötigt werden und in welchem Umfang diese erfolgen. Daraufhin wird ein Gutachten erstellt, anhand dessen der Pflegekasse das Ergebnis mitgeteilt wird. Dieses Gutachten ist jedoch lediglich eine Empfehlung und noch nicht der endgültige Bescheid, der von der Pflegekasse ausgestellt wird.

Erfolgt eine Ablehnung des Pflegeantrags, aber eine Pflegebedürftigkeit ist eindeutig erkennbar, so besteht die Möglichkeit, dass nach einer Zustandsverschlechterung ein Neuantrag gestellt wird. Ferner kann Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt werden: anhand des Pflegegutachtens des MDK und einer umfassenden Begründung für den Bescheid kann der Widerspruch innerhalb von vier Wochen verfasst werden. Auch eine Klage vor dem Sozialgericht ist möglich. Allerdings muss hierbei für das beantragte Gutachten ein Kostenvorschuss von 350 bis 750 Euro geleistet werden, der nur rückerstattet wird, wenn die Klage erfolgreich ist.

Welche Einteilungen gibt es?

Als pflegebedürftig definiert das Bundesministerium für Gesundheit Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Pflegebedürftigen werden in sogenannten Pflegestufen eingegliedert, die sich nach dem Stadium der Hilfsbedürftigkeit richten. Es wird zwischen drei Stufen unterschieden:

Pflegestufe I – erhebliche Pflegebedürftigkeit:

Der Betroffene benötigt täglich mindestens bei der Verrichtung von zwei Tätigkeiten der Körperpflege, Ernährung, Mobilität sowie bei der Führung des Haushalts Hilfe. Dieser Hilfebedarf erfordert die Dauer von mindestens 90 Minuten. Davon soll die Pflege im Vordergrund stehen und die Grundpflege mindestens 45 Minuten erfordern. Liegt der Aufwand darunter, so ist der Betroffene entweder geringfügig oder nicht pflegebedürftig. Dies entspricht dann der Pflegestufe 0.

Pflegestufe II – Schwerpflegebedürftigkeit:

Als schwerpflegebedürftig werden Menschen eingestuft, die drei Mal täglich Hilfe benötigen. Das heißt, mindestens 180 Minuten und davon mindestens 120 Minuten für die Grundpflege.

Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftigkeit:

Die Stufe der Schwerstpflegebedürftigkeit liegt dann vor, wenn ein Hilfebedarf des Betroffenen mindestens fünf Stunden pro Tag oder rund um die Uhr erforderlich ist.

Wird dagegen nur Hilfe im hauswirtschaftlichen Bereich benötigt, so sind die Prämissen für einen Leistungsbezug nicht gegeben. In diesem Fall spricht man von der Pflegestufe 0.

Seit 1. Januar 2017 orientieren sich die Pflegeleistungen an dem sogenannten Pflegegrad, der sich nach der Selbständigkeit der Betroffenen richtet und das bisherige System der drei Pflegestufen ablöst. Diese neue Organisation in Pflegegraden unterscheidet sich von der alten Gliederung in Pflegestufen insofern, dass geistige Erkrankungen in höherem Maße berücksichtigt werden. Gleichzeitig werden psychische und physische Aspekte der Pflegebedürftigkeit auf eine Stufe gestellt, was bisher nicht der Fall war. Es findet eine Unterscheidung in fünf Grade statt:

Pflegegrad I – geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit:

Als Pflegegrad I wird das unterste Stadium der Pflegebedürftigkeit betitelt. Die Betroffenen sind hierbei überwiegend selbständig und bedürfen nur in eingeschränktem Maße der Pflege. Es wird lediglich maximal einmal am Tag eine psychosoziale Hilfe benötigt, wobei für die Grundpflege 27 bis 60 Minuten vorgesehen sind.

Pflegegrad II – erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit:

Die Betroffenen des Pflegegrades II sind in ihrer Selbständigkeit beachtlich eingeschränkt. Für den Pflegegrad II sind eine Grundpflege von 30 bis 127 Minuten, eine psychosoziale Assistenz und maximal eine Unterstützung in der Nacht vorgesehen. Dagegen kalkuliert man bei Betroffenen mit psychologischer Erkrankung in diesem Grad mit einem Grundpflegebedarf von 8 bis 58 Minuten, einer psychosozialen Hilfe von zwei- bis zwölfmal am Tag und einer Präsenzzeit tagsüber von weniger als 6 Stunden.

Pflegegrad III – schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit:

Der dritte Grad der Pflegebedürftigkeit liegt dann vor, wenn das selbständige Leben schwer eingeschränkt ist. Dabei ist eine Grundpflege von 131 bis 278 Minuten vorgesehen sowie eine psychosoziale Stütze von zwei- bis sechsmal täglich. Außerdem wird maximal zweimal nachts Hilfe und eine Anwesenheit tagsüber von bis zu 6 Stunden benötigt. Bei Beeinträchtigten dieses Pflegegrades mit einer psychologischen Erkrankung wird hingegen die Grundpflege auf 8 bis 74 Minuten verringert und die psychosoziale Unterstützung auf sechsmal täglich bis ständig ausgeweitet. Nachts wird maximal zweimal eine Assistenz gebraucht und tagsüber ist eine Präsenz von 6 bis 12 Stunden erforderlich.

Pflegegrad IV – Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit:

Hierbei ist die Selbständigkeit der Betroffenen schwerstens eingeschränkt. Die Folge sind eine Grundpflege von 184 bis 300 Minuten, eine psychosoziale Unterstützung zwei- bis sechsmal täglich, 2 bis 3 nächtliche Hilfeleistungen und eine Anwesenheit tagsüber von 6 bis 12 Stunden. Dagegen erfordert dieser Pflegegrad bei Patienten mit psychologischer Erkrankung 128 bis 250 Minuten der grundsätzlichen Pflege und eine psychosoziale Hilfe von minimal siebenmal täglich. Eine nächtliche Assistenz wird ein- bis sechsmal gegeben und tagsüber ist rund um die Uhr Pflegepersonal anwesend.

Pflegegrad V – Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung:

Es handelt sich hierbei um die höchste Stufe der Pflegegrade. Dabei werden die Betroffenen als „Härtefälle“ bezeichnet, was einen besonders hohen Aufwand der Pflege beschreibt. Das Pflegepersonal ist bei diesem Grad rund um die Uhr präsent und unterstützt die Patienten bis zu dreimal in der Nacht. Des Weiteren wird eine Grundpflege von 24 bis 279 Minuten angesetzt und eine psychosoziale Unterstützung von mindestens zwölfmal am Tag.

Welche Leistungen erbringt die Pflegeversicherung?

Die Pflegeversicherung hat zum Ziel, das finanzielle Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern und dem Pflegebedürftigen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Daher bildet diese Art der Versicherung keine Vollversicherung, sondern eine soziale Grundversicherung mit unterstützenden Hilfeleistungen. Folgende Leistungen können von der Pflegeversicherung  erbracht werden:

Rehabilitation vor Pflege

Durch die Krankenkasse wird geprüft, welche medizinische Rehabilitationsmaßnahmen für den Versicherten zutreffend sind, um den Zustand der Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlechterung zu verhüten. Die Stufe der Pflegebedürftigkeit ist hierbei maßgeblich.

Häusliche Pflege

Pflegebedürftigen, die keinen ambulanten Pflegedienst beschäftigen, steht ein monatliches Pflegegeld zu. Voraussetzung ist, dass die häusliche Pflege in passender Weise gewährleistet werden kann. Dies wird regelmäßig durch einen Gutachter geprüft. Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach der Pflegestufe, wobei Pflegebedürftige mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz einen erhöhten Betrag erhalten.

Ambulanter Pflegedienst (Pflegesachleistung)

Von einer Pflegesachleistung spricht man, wenn durch die Pflegeversicherung ein ambulanter Pflegedienst zur Verfügung gestellt wird. Hier erfolgt die Pflege zu Hause. Wie bei der häuslichen Pflege ohne ambulanten Pflegedienst richtet sich der monatliche Höchstbetrag nach der jeweiligen Pflegestufe. In Härtefällen, bei denen der Pflegeaufwand die Pflegestufe III in hohem Maße übersteigt, kann die Pflegeversicherung bis zu 1.918 Euro übernehmen.

Teilstationäre Pflege

Als teilstationäre Pflege wird die zeitweise Betreuung im Tagesverlauf in einer Einrichtung gesehen. Sie kann als Tages- oder Nachtpflege gestaltet sein. Die Kosten für die Pflege und die medizinische Behandlungspflege sowie die Aufwendungen der sozialen Betreuung werden dabei von der Pflegeversicherung übernommen. Jedoch wird die teilstationäre Pflege nur bewilligt, wenn sie im Einzelfall obligatorisch ist. Seit dem 1. Januar 2015 gilt das Pflegestärkungsgesetz, das eine Erhöhung der Leistungen für die teilstationäre Pflege aufweist. Hier gewährt die Pflegeversicherung bei der Pflegestufe I einen monatlichen Betrag von 468 Euro. Bei Pflegestufe II werden monatlich 1.144 Euro entrichtet sowie bei Pflegestufe III 1.612 Euro.

Vollstationäre Pflege

Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für die pflegerische Versorgung, die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung in einem Pflegeheim, wenn die häusliche oder teilstationäre Pflege nicht zu bewerkstelligen ist. Bei der Pflegestufe I werden dabei die Kosten bis zu 1.064 Euro monatlich getragen. Bei Pflegestufe II wird bis zu 1.330 Euro übernommen und bei Pflegestufe III darf der Betrag von 1.612 Euro im Monat nicht überschritten werden. Bei besonderen Härtefällen trägt die Pflegeversicherung die Kosten der vollstationären Pflege bis 1.995 Euro monatlich.

Wie werden die Ausgaben der Pflegeversicherung finanziert?

Die soziale Pflegeversicherung finanziert sich aus den Beiträgen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte bezahlen. Da die Pflegeversicherung die Kosten der Pflege nicht komplett übernimmt, müssen die Pflegebedürftigen einen Teil dieser Kosten selber entrichten. Daher ist die soziale Pflegeversicherung auch als „Teilleistungs-Versicherung“ bekannt. Die Beitragshöhe liegt seit dem 1. Januar 2015 bei 2,35%, wobei bei Arbeitnehmern die Hälfte des Beitrages vom Arbeitgeber gezahlt wird.